Alma Siedhoff-Buscher (1899–1944)

Bauhaus-Designerin – Eine neue Welt für Kinder

Durch Kinderzimmermöbel und Spielzeug der Designerin Alma Siedhoff-Buscher fand das Bauhaus erstmals größeres Echo in der Öffentlichkeit. Die 1899 in Kreuztal bei Siegen geborene Alma Buscher verband Gestaltungsprinzipien des Bauhauses mit einer modernen Reformpädagogik. Als eine der wenigen Frauen am Bauhaus gelang es ihr, in der Holzbildhauerei zu arbeiten und ihre Entwürfe auf den Markt zu bringen. Bis heute sind Re-Editionen des „Kleinen Schiffbauspiels“ sowie - seit 1997 - der Bastelbögen „Segelboot“ und „Kran“ erhältlich.

    Im Frühjahr 1922 schrieb sich Alma Buscher als Studentin am Bauhaus ein. Die Reformschule in Weimar war nicht ihre erste Ausbildungsstätte. Zuvor hatte sie bereits an der Berliner Reimann-Schule für Kunst und Kunstgewerbe eine Ausbildung abgeschlossen. Dort konnte sie bereits grundlegende Fähigkeiten wie Zeichnen, Modellieren und Entwerfen erlernen. Anschließend folgte ein Studium an der Ausbildungsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums. Als Alma Buscher ans Bauhaus kam, gewährte die neue Weimarer Verfassung Frauen die unbeschränkte Lernfreiheit. Noch vor dem Ersten Weltkrieg konnten Akademien Anwärterinnen den Zutritt verwehren. In seiner ersten Rede an die Bauhaus-Studenten betonte Walter Gropius (1883–1969) die Gleichstellung der weiblichen Lernenden. In seinen Notizen betonte er „absolute Gleichberechtigung, aber auch absolute gleiche Pflichten“ für Frauen.

      Die so bedingungslos formulierten Absichten wurden jedoch kaum realisiert. Das erfuhr auch Alma Buscher. Als bereits ausgebildete angewandte Künstlerin wurde ihr, wie den meisten Frauen, die Weberei als Ausbildungsstätte zugeteilt. Bereits im „Meisterrat“ 1920 hatte Gropius vorgeschlagen, gleich zu Beginn scharf auszusondern, „vor allem bei dem der Zahl nach zu stark vertretenen weiblichen Geschlecht“. Es sollten keine „unnötigen Experimente“ gemacht werden. So kam es, dass die Studentinnen nach dem für alle verpflichtenden Vorkurs in die Webereiklasse geschickt wurden. Alma Buscher wollte sich mit dieser Situation nicht abfinden und schlug dem Direktor des Bauhauses vor, in der Holzbildhauerei Kinderspielzeug und Gebrauchsgegenstände zu entwickeln. Walter Gropius willigte ein. So begann ihre erfolgreiche Arbeit in der von Georg Muche (1895–1987) und Josef Hartwig (1880–1956) geleiteten Werkstätte.

        Für die erste Bauhaus-Ausstellung 1923 entstand das „Haus am Horn“, für welches Alma Buscher die Inneneinrichtung des Kinderzimmers entwarf. Dieses Versuchshaus, ein frühes Beispiel der Bauhaus-Architektur, war um funktionale Sachlichkeit bemüht. Im Grundriss quadratisch, mit Oberlicht und Fensterbändern versehen, hatte es getrennte Herren- und Damenzimmer, einen zentralen Wohnraum und eine Küche mit moderner Ausstattung wie etwa einem Wasserboiler. Zudem gab es – für die Hausfrau praktisch – einen Durchblick von der Küche ins Kinderzimmer.

        Ganz im Sinne der reformpädagogischen Ansätze des beginnenden 20. Jahrhunderts, mit denen sie sich intensiv beschäftigte, entwarf sie moderne, multifunktionale Möbel für das Kinderzimmer. Auf den Wänden sollten die Kleinen schreiben und malen können. Die großen Holzwürfel konnten ebenso als Bauklötze wie als Sitzmöbel oder Bühne für Theaterstücke dienen. Spielzeug und Möbel sollten klar und harmonisch sein, nicht aber verwirrend. Im Gegensatz zu den Spielzeugentwürfen von Paul Klee (1879–1940) und Lyonel Feininger (1871–1956) betonten die Arbeiten von Alma Buscher nicht den individuellen Ausdruck des entwerfenden Künstlers, sondern waren offen für die Phantasie des Kindes und variabel bespielbar. Sie sollten der Neugier und dem Forscherdrang dienen. So machte sie hinsichtlich des Charakters von Spielzeug deutlich:


        „sollte man dem kinde nicht entgegenkommen? sollte im spielzeug – dem werkzeug des kindes – nicht auch schon ernst sein dürfen? nicht ein fertiges – wie die luxusläden es bieten – das kind entwickelt, vielmehr es strebt – es sucht. Ein scheinbar fertiges kann in diesem suchenden streben nur ein zerstörtes werden.“

        Zugleich waren Spielzeug und Möbel von Alma Buscher so konzipiert, dass eine industrielle Vervielfältigung möglich war. Ihre Entwürfe erfuhren nicht zu unterschätzende Aufmerksamkeit  und wurden in den kommenden Jahren auf Ausstellungen präsentiert. 1924 wurde der Zeiss-Kindergarten in Jena mit ihren Möbeln ausgestattet. In diesen Jahren entstanden auch das „Schiffbauspiel“, das „Bützelspiel“, Wurfpuppen und Baukästen. 1926 nahm sie an der Nürnberger Ausstellung „Das Spielzeug“ teil.

         

        Als das Bauhaus 1925 nach Dessau umzog, führte sie ihr Studium dort weiter und wirkte zuletzt auch als Mitarbeiterin. 1927 entwarf sie Bastelbögen und Malfibeln für den Verlag Otto Maier in Ravensburg. Im selben Jahr verließ sie das Bauhaus. Bedingt durch die wechselnden Engagements des Schauspielers und Tänzers Werner Siedhoff (1899–1976), den sie 1926 geheiratet hatte, wohnte die zwischenzeitlich vierköpfige Familie an verschiedenen Orten.

        Alma Siedhoff-Buscher starb 1944 in Buchschlag bei Frankfurt am Main bei einem Bombenangriff.


        Anregungen zum Weiterlesen:

        • Müller, Ulrike: Die klugen Frauen von Weimar. Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen, München 2007.

        • Müller, Ulrike/Radewaldt, Ingrid: Bauhaus Frauen Meisterinnen in Handwerk, Kunst und Design, München 2019.

        • Siebenbrodt, Michael/Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen (Hrsg.): Alma Siedhoff-Buscher – eine neue Welt für Kinder, Weimar 2004.

        • Baumhoff, Anja: Verhaltenslehren der Kälte – Implikationen moderner Diskursformen am Bauhaus Dessau am Beispiel der Geschichte der Alma Buscher, in: Christoph Wagner (Hrsg.): Esoterik am Bauhaus: Eine Revision der Moderne – Internationales Wissenschaftliches Symposium, Berlin 2009.

        • Fiell, Charlotte/Fiell Clementine: Design von Frauen, Köln 2019.

        • Straßer, Josef: 50 Bauhaus-Ikonen, die man kennen sollte, München 2009.


        Links:


        Filmtipps:

        Alma Siedhoff-Buscher Bauhaus Bauspiel (YouTube)

         

        Zum 75. Todestag der Bauhaus-Designerin Alma Siedhoff-Buscher
        Deutschlandfunk Kalenderblatt, 25.9. 2019

        Radio-Beitrag WDR (YouTube)

        Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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