Anna Blos (1866–1933)

Lehrerin, Journalistin und Politikerin

Anna Blos war nicht nur eine einflussreiche Politikerin, gesellschaftskritische Journalistin und angesehene Lehrerin, sondern sie engagierte sich auch als Frauenrechtlerin und Mitglied zahlreicher Vereine. Darüber hinaus veröffentlichte sie wichtige Arbeiten zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung. Von sozialistischen Idealen überzeugt, kritisierte sie die zeitgenössischen gesellschaftlichen Verhältnisse nachdrücklich, gehörte aber zeitlebens zum gemäßigteren Flügel der SPD. Als Führungskraft des „Württembergischen Vereins für Frauenstimmrecht“ kämpfte sie für das Frauenwahlrecht und appellierte an die Frauen, politische Verantwortung zu fordern und zu übernehmen.

Anna Blos wurde am 4. August 1866 als Anna Berta Antonia Tomaczewska im niederschlesischen Liegnitz geboren. Trotz ihrer bürgerlichen Herkunft trat sie später in die SPD ein und stieg dort bis zum Mitglied des württembergischen Landesvorstands auf. Ihre schulische Ausbildung erhielt sie schwerpunktmäßig in Karlsruhe, wo ihr Vater zeitweise als Oberstabs- und Regimentsarzt stationiert war. Später absolvierte sie eine Lehrerinnen-ausbildung und hörte historische und literaturwissenschaftliche Vorlesungen an der Berliner Humboldt-Universität.

1905 heiratete sie den späteren württembergischen Staatspräsidenten Wilhelm Blos, zog gemeinsam mit ihm nach Stuttgart und schrieb dort Artikel für die sozialistische Presse. Später wurde sie als Oberlehrerin tätig und erreichte als erste Frau im Deutschen Reich die Position einer Ortsschulrätin. Die Verbesserung der Bildungschancen für Arbeiterkinder war ihr ein besonderes Anliegen. Im Ersten Weltkrieg engagierte sie sich vor allem auch karitativ und kämpfte – etwa mit der Einrichtung von kommunalen Kinderküchen – gegen die Unterernährung der württembergischen Volksschüler.

Nach 1918 wirkte sie als Vorsitzende des „Verbandes Stuttgarter Hausfrauen“ an der Organisation hauswirtschaftlicher Kurse mit. Als einzige weibliche Abgeordnete aus Württemberg gehörte sie der Weimarer Nationalversammlung an. In ihren späteren Lebensjahren setzte sie sich für eine Neubewertung der Rolle der Frauen in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung ein. Dabei zeigte sie in ihrem Buch „Frauen der deutschen Revolution 1848“ aus dem Jahr 1928 nachdrücklich, wie „mit und neben den Männern“ nicht zuletzt auch zahlreiche Frauen „für das höchste Ideal der Menschheit, für die Freiheit, nicht nur ihres Geschlechts, sondern auch für die Freiheit ihres Volkes, ja der ganzen Menschheit“ eingetreten waren – eine Tradition, die sie von den Frauen ihrer eigenen Zeit bewusst fortgesetzt sehen wollte. Vor dem Hintergrund der frauen-politischen Rückschläge der Weimarer Republik und des aufkommenden Nationalsozialismus warnte die politisch wache, seit 1927 verwitwete Anna Blos ihre Geschlechtsgenossinnen davor, die politische und gesellschaftliche Mitwirkung aufzugeben.

Anna Blos starb am 27. April 1933 im Alter von 66 Jahren in Stuttgart.


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Anregungen zum Weiterlesen:

  • BLOS, Anna: Frauen der deutschen Revolution 1848. Zehn Lebensbilder und ein Vorwort, Dresden 1928.
  • BLOS, Anna: Die Frauenfrage im Lichte des Sozialismus, Dresden 1930.
  • BLOS, Anna: Frauen in Schwaben. Fünfzehn Lebensbilder, Stuttgart 1929.
  • RIEPL-SCHMIDT, Mascha: Anna (1866–1933) und Wilhelm Blos (1849–1927), in: Reinhold WEBER/Ines MAYER (Hrsg.): Politische Köpfe aus Südwestdeutschland, Stuttgart 2005, S. 73–83.
  • RIEPL-SCHMIDT, Mascha: Anna Blos, geb. Tomasczewska, Historiographin einer weiblich revolutionären Tradition, in: Frauen und Revolution. Strategien weiblicher Emanzipation 1789 bis 1848, hrsg. v. Frauen & Geschichte Baden-Württem-
    berg e. V., Haus der Geschichte Baden-Württemberg und Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Tübingen 1998, S. 134–156.

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