Hermann Reinhard Alker (1885–1967)

Neue Sachlichkeit im Südwesten

Der Karlsruher Architekt Hermann Reinhard Alker ist vor allem im Kontext einer regionalen Baugeschichte von Bedeutung. Als freischaffender Architekt stand er nach dem Ersten Weltkrieg zwischen traditionalistischen Tendenzen und der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Durch Entwürfe wie den Wohnblock in der Karlsruher Ebertstraße sowie den Tribünenbau des Hochschulstadions, ist Alker heute vor allem als Vertreter einer neusachlichen Architektur im Südwesten bekannt. Auch wirkte er als Hochschullehrer der Architekturabteilung der Technischen Hochschule Karlsruhe.

    Nachdem Hermann Reinhard Alker die Baugewerkeschule Kaiserslautern besucht hatte, um Bautechniker zu werden, begann er als Gasthörer das Studium der Architektur an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe. Seinen ursprünglichen Plan, in das Büro des Vaters, eines Bahnmeisters, einzutreten, ließ er schließlich fallen. Alker setzte sein Studium fort, wurde Assistent bei Friedrich Ostendorf (1871–1915) an der TH und nutzte die Gelegenheit zu Studienreisen nach Italien. Vor allem in Rom, wo sich seine beiden älteren Brüder bereits beruflich etabliert hatten, beschäftigte er sich mit dem architektonischen Anteil Michelangelos (1475–1564) am Petersdom und dessen vielseitigem Werk der italienischen Renaissance. 1919 arbeitete er kurzzeitig als Regierungsbaumeister, wurde aber nicht in den Staatsdienst übernommen. 1920 gründete er ein Architekturbüro. Er promovierte und habilitierte an der TH Karlsruhe, wo er ab 1924 als außerordentlicher Professor wirkte. Die Lehraufträge reichten von Baustoffkunde über Darstellende Geometrie bis zur Architekturgeschichte der Renaissance.

    Zugleich arbeitete Alker seit 1921 als freischaffender Architekt. Seine frühen Bauten standen noch unter dem Einfluss Friedrich Ostendorfs, sind aber nicht als reine Adaptionen seines Lehrers zu sehen. Einzelhäuser und Wohnblöcke wurden als allseitig freistehende Komplexe mit axial-symmetrischen Fassaden konzipiert – mit noch traditionsgebundenen Elementen wie Walm- oder Mansardendächern. Beispiele hierfür sind das Haus Wolff in Karlsruhe-Durlach (1924) oder die dortige Dornwald-Siedlung (1924–1927). Charakteristisch für Alker sind wohlproportionierte Maßstäblichkeit oder das dynamische Ausschwingen der Dachfläche. Ferner entwarf Alker die Pläne für das 1923/24 entstandene Zweribachwerk, eine Wasserkraftanlage im Mittleren Schwarzwald.

    Architektonische Hauptwerke entstanden in den Folgejahren. Alker verwendete hauptsächlich Backstein und beschäftigte sich zugleich intensiv mit dem neuen Baustoff Beton. So realisierte er 1926 in einem ersten Bauabschnitt das moderne Tribünengebäude des Hochschulstadions in Karlsruhe. 1930 stellte er es mit der Überdachung der Zuschauertribüne fertig.

     

      Während in Karlsruhe die Bauten für die Ausstellung „Die Gebrauchswohnung“ auf dem Dammerstock-Gelände ausgeführt wurden, baute Alker mit seinem zwischenzeitlich größeren Mitarbeiterstab ab 1929 den Wohnblock an der Ebertstraße in Karlsruhe. Ausgehend vom Siegerentwurf Fritz Rößlers (1886–1961), der für die Bauten in der Bahnhofstraße beauftragt wurde, führte Alker seine Pläne in unmittelbarer Nachbarschaft aus. Sie entsprachen den in der Ausschreibung formulierten „neuzeitlichen Anforderungen“. Im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ weisen die Gebäude in Blockrandbebauung typische Charakteristika auf wie klare, kubische Gliederung der Baumassen, Flachdach, Fensterbänder oder auskragende Balkone.

      Während der Weltwirtschaftskrise ab 1929 herrschte Auftragsflaute. Alker konzentrierte sich nun auf seine Lehrtätigkeit. Als Mitglied des Durlacher Reitvereins, der nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 der SS beitrat, wurde auch Alker Mitglied der „Schutzstaffel“ der NSDAP. Er baute in den folgenden Jahren die Heidelberger Thingstätte (1934–1936) und die SS-Kaserne in Radolfzell (1936/1937).

        Anfangs wurde er vom faschistischen Regime anerkannt und arbeitete 1937/1938 in der Münchener Stadtplanung als Baurat, wo man ihn kurze Zeit später wegen Differenzen entließ. In diesen Jahren wurde Alkers politische Gesinnung diskutiert, da in Karlsruhe „verschiedene Bauten einer völlig fremden Art auf Professor Alker zurückzuführen“ seien, womit wesentlich der avantgardistische Wohnblock an der Ebertstraße gemeint war. 1939 erhielt er schließlich den Lehrstuhl für Gebäudelehre und Entwerfen in Karlsruhe. 1945 wurde er aufgrund seines Engagements im Nationalsozialismus entlassen und 1950 emeritiert. Seine Karriere als praktischer Architekt endete 1958.

        Hermann Alker starb am 25. Mai 1967 in Karlsruhe.


        Anregungen zum Weiterlesen:

        • Drewitz, Marlene: Stadtbaukunst. Matthäuskirche Karlsruhe. (Begleitheft der Tagung und Werkstattausstellung im Architekturschaufenster Karlsruhe, eine Kirche im Südwesten erhält Licht und Farbe), Werkheft, 10, Mens Architecturae, Karlsruhe 2009.

        • Kabierske, Gerhard: Dokumentation zur Gestaltung des Durlacher Schloßplatzes von Hermann Alker in den 1920er Jahren, Karlsruhe 1988.

        • Roos, Dorothea: Der Karlsruher Architekt Hermann Reinhard Alker. Bauten und Projekte 1921 bis 1958, Tübingen/Berlin 2011.


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        Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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