László Moholy-Nagy (1895–1946)

Experimenteller Universalkünstler am Bauhaus

Im Alter von 13 Jahren:

„Meine Seele weiß, daß eine Zeit kommen wird, da der Spott der Leute mich nicht mehr trifft, da ich meinen Kopf hochtragen werde und mein Geist frei sein wird, weil die Welt meinen Namen kennt.“

Durch seine Lehrtätigkeit am Bauhaus erlangte László Moholy-Nagy internationale Bekanntheit. Er hatte Entscheidendes zu Malerei, Design und Fotografie beigetragen. Er war ein universeller Gestalter. Als Leiter der Metallwerkstatt galt er als besonders experimentierfreudiger Künstler am Bauhaus. Durch seine Offenheit für Experimente wurde das Bauhaus zu dem, wofür es später bekannt  wurde: eine Experimentierstätte für Formgebung der modernen Welt. In der Reihe der Bauhaus-Bücher wurden zudem seine bedeutenden theoretischen Schriften veröffentlicht, die große Resonanz erhielten.

    László Moholy-Nagy, der 1923 durch Walter Gropius(1883–1969) ans Bauhaus berufen wurde, war nicht nur bis 1928 Leiter des bedeutenden Vorkurses und der Metallwerkstatt, sondern verfasste auch die viel gelesene Publikation „Malerei, Fotografie, Film“. 1925 erschien die Schrift in der Reihe der Bauhaus-Bücher, die er in Dessau gemeinsam mit Gropius herausgab. Vier Jahre später folgte in derselben Reihe „Von Malerei zu Architektur“. Allein die Titel der beiden Werke machen das vielseitige Interesse des Autodidakten deutlich. Als Lehrer am Bauhaus war er von Typografie über Fotografie bis zu Film-, Design- und Lichtexperimenten in fast allen Bereichen tätig. Bevor der im ungarischen Bàcsborsod geborene Moholy-Nagy nach Weimar kam, absolvierte er ein Jurastudium in Budapest.

      Erste Malversuche entstanden während des Kriegsdienstes und während Lazarettaufenthalten. In diesen Jahren wirkte er mit dem einflussreichen ungarischen Künstler Lajos Kassák (1887–1967) in der Künstlergruppe „MA“. Er gab das Jurastudium nach den Vorexamina auf und widmete sich ganz der Malerei, die stark vom russischen Konstruktivismus beeinflusst war. Nach der Zerschlagung der ungarischen Räterepublik emigrierte er über Wien nach Berlin. Dort lernte er Lucia Schulz (1894–1989), seine spätere Frau kennen, die als Fotografin mit ihren Schwarzweißaufnahmen das Bild vom Bauhaus maßgeblich prägte.

      Unter ihrem Einfluss entwickelte sich sein starkes Interesse für Fotografie. In Herwarth Waldens (1878–1941) bestens vernetzter Berliner Galerie „Der Sturm“ fand seine erste Einzelausstellung statt. Am Bauhaus wurde er gemeinsam mit Josef Albers (1888–1976) Nachfolger von Johannes Itten (1888–1967) als Leiter des Vorkurses. Die Vorzeichen hinsichtlich der Ausrichtung des Kurses änderten sich durch diese Personalien. Der Aspekt der individuellen Persönlichkeitsbildung, der unter Itten besonders wichtig war, trat in den Hintergrund. Von Paul Klee (1879–1940), der weiterhin am Bauhaus wirkte, übernahm er 1926 die Leitung der Metallwerkstatt.

        Unter Moholy-Nagys Einfluss trat das Bauhaus vermehrt in den Dienst des Industriedesigns. Anders als in den frühen, vom Expressionismus geprägten Bauhaus-Jahren wurde Kunst nun vermehrt unter dem Aspekt der Anwendbarkeit geprüft. Moholy-Nagy, von sozialistischer Gesellschaftsordnung geprägt, verband mit der neuen Form der Kunst zugleich eine Utopie in gesellschaftlicher Hinsicht. Er war politisch motiviert, wobei neue Kunst und neue Gesellschaft in seinem Verständnis der biologischen Konstitution des Menschen entsprachen. In seinem Unterricht war Moholy-Nagy ein einfallsreicher Ideengeber. Im Gegensatz zu Johannes Itten, der in der Mönchskutte unterrichtete, trug er stets im Stil der Handwerker einen Monteuranzug. Er griff aktuelle Impulse der niederländischen De-Stijl-Gruppe auf und adaptierte rasch künstlerische Neuentwicklungen. Er verkörperte ein radikal neues Programm und fühlte sich im Sinne der modernen Ingenieurskunst nicht an Traditionen gebunden.

        „Die Qualität einer Arbeit braucht nicht unbedingt von ‚heutiger‘ oder ‚vergangener‘ Gestaltungslehre abhängig zu sein. Sie hängt vom Maß der Schaffensintensität ab, die ihre technisch entsprechende Form findet. Immerhin erscheint es mir unumgänglich, an der Gestaltung der eigenen Zeit mit zeitgemäßen Mitteln mitzuarbeiten.“

        Mit Moholy-Nagy wurde die Metallwerkstatt zum Laboratorium für Materialexperimente. In die Gestaltungsarbeit flossen Materialien und Ausdrucksmittel der modernen Massenkultur wie Foto, Film, Lichttechnik und maschinelle Neuerungen ein. Kollegen wie Paul Klee oder Lyonel Feininger(1871–1956) fürchteten eine Amerikanisierung im Sinne einer „Vergötzung der Maschine“ und den Verlust des „Gottesfunken der Kunst“. Paul Klee sah darin gar eine „Schablonengeistigkeit“. In seiner Bauhaus-Zeit entwickelte er den 1922 begonnenen „Licht-Raum-Modulator“ weiter, eine für seine Zeit hochkomplexe bewegliche Apparatur, die zum Vorläufer der kinetischen Kunst, insbesondere der ZERO-Gruppe wurde. Moholy-Nagy beschrieb dieses Werk folgendermaßen: „Dieses Lichtrequisit ist ein Apparat zur Demonstration von Licht- und Bewegungserscheinungen.“

        Mit dem Fortgang von Walter Gropius entstand das Gefühl, das wahre Bauhaus gehe zu Ende. Auch Moholy-Nagy verließ die Lehranstalt und ging nach Berlin. Dort gründete er ein eigenes Atelier für Typografie und Ausstellungsgestaltung, Fotomontagen und -collagen. Unter der Diktatur der Nationalsozialisten verließ er Deutschland und emigrierte über Amsterdam nach London. Durch Vermittlung von Walter Gropius übernahm er 1937 die Leitung der geplanten Designschule „New Bauhaus“ in Chicago, die aber schon ein Jahr später wieder schloss. Kurz darauf gründete er ebendort das Nachfolgeinstitut der School of Design. 1945 erkrankte er an Leukämie. Bis zu seinem Tod am 24. November 1946 war László Moholy-Nagy sowohl als Designer als auch als freischaffender Künstler tätig.


        Anregungen zum Weiterlesen:

        • Droste, Magdalena/Friedewald, Boris (Hrsg.): Unser Bauhaus. Bauhäusler und Freunde erinnern sich, München 2019.

        • Hollein, Max/Pfeiffer, Ingrid (Hrsg.): László Moholy-Nagy. Retrospektive, München 2009.

        • Moholy-Nagy, László: Malerei, Fotografie, Film, Berlin 1986

        • Wessing, Gudrun (Hrsg.): László Moholy-Nagy: Briefe und Schriften aus der Zeit am Bauhaus, Wiesbaden 2020.

        • Wessing, Gudrun: László Moholy-Nagy. Gestalter des bewegten Lichts, Wiesbaden 2018.


        Links:


        Filmtipps:

         

        Moholy-Nagy - Portrait: Vom Bauhaus zum New Bauhaus und zur 'School of Design' (YouTube)

        László Moholy-Nagy: Proto-Conceptual Artist (YouTube)

        László Moholy-Nagy. Retrospektive (YouTube)

        Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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