Max Ackermann (1887–1975)

Pionier der abstrakten Kunst

Max Ackermann zum Neuanfang der Kunst nach 1945 und über das fehlende Weltbild:

„Das Schicksal des schöpferischen Menschen in unserer Zeit […]. Uns trägt keine Religion, keine Weltanschauung, keine umfassende Philosophie, uns trägt kein Volk, keine Gemeinde […].“

 

Max Ackermann zählt zu den Pionieren ungegenständlicher Malerei. Bereits 1912 entstehen unter dem Einfluss Adolf Hölzels (1853–1934) abstrakte Arbeiten von ihm. Zugleich malt er bis in die 1940er Jahre gegenständliche Kompositionen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte er große Bekanntheit durch zahlreiche Ausstellungen mit den Abstraktionen der „Überbrückten Kontinente“. Durch zahlreiche Druckgrafiken, die in den Stuttgarter Werkstätten von Luitpold Domberger (1912–2005) und Hans-Peter Haas (* 1935) entstanden, fand sein Werk weite Verbreitung.

    Max Ackermann wurde 1887 in Berlin als zweites von fünf Kindern geboren. Die Familie stammte aus Thüringen und kehrte aus der Großstadt bald wieder dorthin zurück, nach Ilmenau. Sein Vater gründete eine Werkstatt für Bilderrahmen und Möbel, wodurch sich Max Ackermann bereits als Kind mit dem Zeichnen ornamentaler und historisierender Muster beschäftigte. Nach einem kurzzeitigen Studium am Großherzoglichen Kunstgewerblichem Seminar in Weimar bei Henry van der Velde (1863–1957), jener Schule, aus der rund zehn Jahre später das Bauhaus hervorgehen sollte, begann er 1908 das Studium an der Königlich Sächsischen Kunst-Akademie in Dresden. Schon 1909 ging er an die Münchener Kunstakademie in die Malklasse von Franz von Stuck (1863–1928), um seine Studien schließlich an der Königlich Württembergischen Kunstakademie in Stuttgart abzuschließen. Dort wohnten bereits zwei seiner Brüder.

      In Stuttgart begegnete Max Ackermann Adolf Hölzel, der ihn mit seiner abstrahierenden Bildsprache beeinflusste. Fortan wurde sein Schaffen bis 1941 sowohl von gegenständlichen als auch abstrakten Kompositionen bestimmt. Während des Ersten Weltkriegs wurde er nach einem Lazarettaufenthalt vom Kriegsdienst entlassen. Anschließend begeisterte er sich für die Arbeiterbewegung um Karl Liebknecht (1871–1919) und Rosa Luxemburg (1871–1919). Es entstanden Bilder mit Motiven sozialkritischer Themen wie Arbeitslosen und Kriegsversehrten im Stil der Neuen Sachlichkeit. Ebenso porträtierte er vielfach Malerkollegen, Freunde, Schriftsteller und Schauspieler. Mitte der 1920er Jahre knüpfte er Kontakt zum „Uracher Kreis“ des Zinnschmieds und Schriftstellers Karl Raichle (1889–1965). In dessen Pension für Anarchisten, Sozialisten, Kommunisten und Lebensreformer machte er Bekanntschaft mit dem Schriftsteller Johannes R. Becher (1891–1958).

        Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, fertigte er Sportzeichnungen für das „Stuttgarter Tagblatt“ an. 1930 gründete er an der Stuttgarter Volkshochschule ein „Seminar für absolute Malerei“. Dort lehrte er unter anderem Gestaltung und Bildarchitektur. Hier gab er auch sein Wissen über Farbklänge und Farbkontraste weiter. Bereits zuvor hatte er in seinem Atelier eine „Lehrwerkstätte für Neue Kunst“ eingerichtet, wo er Ferienkurse für junge Kunsterzieher abhielt. Bei einem Aufenthalt auf dem Monte Vérita im Tessin, dem Aufenthaltsort zahlreicher Lebensreformer, traf er auf Künstlerkolleginnen und -kollegen wie Marianne Werefkin (1860–1938) und Helmuth Macke (1891–1936).

        Als abstrakt arbeitender Künstler zog er sich nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten auf die Halbinsel Höri zurück und lebte in Hornstaad bei Gaienhofen. In dieser Zeit wurde der kleine Ort zur Malerkolonie. Auch Otto Dix (1891–1969) oder Erich Heckel (1883–1970) ließen sich dort nieder – nicht zuletzt aufgrund der geografischen Nähe zur Schweiz, die auch während des Zweiten Weltkriegs eine Fluchtoption darstellte. 1936 heiratete Ackermann die Gymnastiklehrerin Gertrud Ostermayer (1894–1978). Im selben Jahr erhielt er Lehrverbot an der Volkshochschule Stuttgart.

        Nun veränderte sich seine künstlerische Bildsprache. In seiner Bodensee-Werkphase begann er mit der Verschmelzung von gegenständlichen und abstrakten Bildelementen. Währenddessen wurden in der Staatsgalerie Stuttgart seine veristischen Arbeiten als „entartete Kunst“ beschlagnahmt und bei Bombenangriffen auf Stuttgart wurde sein Atelier mitsamt zahlreicher früher Arbeiten zerstört.
        Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelte Ackermann seine ungegenständliche „Absolutmalerei“ weiter, die „nur Malerei sein will – ohne AbbildAbbilder und Schaubilder“. In den folgenden Jahren fanden seine Werke als kostengünstige Siebdrucke in limitierten Auflagen weite Verbreitung. In Hornstaad hielt Ackermann Seminare mit Wolfgang Fortner (1907–1987) über zeitgenössische Malerei und Musik sowie mit Hugo Häring (1882–1958) über Malerei und Architektur. In zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen war Max Ackermann dann im In- und Ausland mit seinen Arbeiten vertreten. 

        Nach seiner Scheidung von Gertrud Ackermann zog er in das Haus seines Bruders nach Stuttgart. Inspiriert durch „Pop-Art“ und „Colour-Field-Painting“ entstand ab 1967 farbintensive Malerei in Acryl, die die Strahlkraft der Farben zu letzter Steigerung bringen sollte. Zum 85. Geburtstag wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse gewürdigt. 1973 zog er nach Oberlengenhardt bei Bad Liebenzell im Nordschwarzwald.

        Max Ackermann starb am 14. November 1975 im Alter von 88 Jahren im Paracelsus-Krankenhaus in Unterlengenhardt.


        Anregungen zum Weiterlesen:

        • Assel, Marina von (Hrsg.): Max Ackermann. „Nach meinem Tod wird man vielleicht erkennen, dieses Bayreuth der Malerei“, Bayreuth 2009.

        • Döbele, Markus: Max Ackermann. 1887–1975. Strukturbilder, Mainz 2014.

        • Graevenitz, Antje von: Max Ackermann. Musik im Bild, Nürnberg 2018.

        • Mück, Hans-Dieter: Max Ackermann 1887–1975. Leben und Werk 1887–1912, Wiesbaden 2017.

        • Tittel, Lutz (Hrsg.): Max Ackermann 1887–1975. Zum 100.Geburtstag, Friedrichshafen 1987.


        Links:


        Filmtipp:

        Max Ackermann – Retrospektive (YouTube)

        Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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