Max Bill (1908–1994)

Hauptvertreter der „Konkreten Kunst"

Der im schweizerischen Winterthur geborene Max Bill war ein universeller Gestalter, der sich im Bereich zwischen angewandter und freier Kunst bewegte. Er wirkte nicht nur als Maler, Plastiker, Architekt und Produktgestalter, sondern auch als Pädagoge und Politiker. Max Bill gilt als Hauptvertreter der Konkreten Kunst. Als Mitbegründer und Architekt der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm knüpfte er an die Ideen des Bauhauses an.

    Nachdem der junge Max Bill an der Züricher Kunstgewerbeschule die Silberschmiedeklasse besucht hatte, begann er 1927 mit einem Studium am Dessauer Bauhaus. Dort lernte er unter Paul Klee (1879–1940), Wassily Kandinsky (1866–1944) und Oskar Schlemmer (1888–1943), wobei er vor allem der Klee’schen Arbeitsweise und dessen Pädagogik nahestand. So beschäftigte er sich früh mit der Aufteilung von Massen und Gewichten innerhalb der Bildfläche, ebenso mit Methoden der Addition, Repetition und Variation. Diese Aspekte tauchen auch in seinen Gemälden und Grafiken der Konkreten Kunst auf.

      Auch prägten ihn die Ideen des Bauhauses, zweckmäßige und schöne Gegenstände zum Nutzen der Gesellschaft zu formen und in diese hineinzuwirken. So entwickelte er in den 1950er Jahren als Produktdesigner Uhren für die Firma Junghans, darunter die populäre Küchenuhr mit Kurzzeitmesser. In Zusammenarbeit mit Hans Gugelot (1920–1965) entwarf er den „Ulmer Hocker“, einen Hocker für zwei Sitzhöhen.. Auch die Mitbegründung und Erbauung der Ulmer Hochschule für Gestaltung (HfG) im Jahr 1951 verweist auf seine Zeit am Bauhaus, denn dort sollten die Ideen der legendären Reformschule nach dem Zweiten Weltkrieg weitergeführt werden. Zu Beginn unterrichteten an der HfG ehemalige Bauhäusler wie Johannes Itten (1888–1967), Helene Nonné-Schmid (1891–1976) oder Josef Albers (1888–1976). Max Bill wirkte bis 1956 als Rektor und Leiter der Abteilung Architektur und Produktform in Ulm.

        Als Mitglied der zeitweise 400 Mitglieder zählenden Künstlervereinigung „Abstraction-Création“(1931–1936), zu der auch Josef Albers, Piet Mondrian (1872–1944) und Theo van Doesburg (1883–1931) gehörten, wurde Max Bill zum Maler einer geometrisch ungegenständlichen Formensprache. 1937 trat er der Züricher Künstlergruppe „Allianz“ bei. Mit Richard Paul Lohse (1902–1988), Verena Loewensberg (1912–1986) und Camille Graeser (1892–1980) entwickelte er gemeinsam die „Konkrete Kunst“ – anknüpfend an die Gedanken Theo van Doesburgs aus dem Jahr 1930. Max Bill unterschied sechs Jahre später den Begriff des „Konkreten“ von jenem der „Abstraktion“:

        „konkrete kunst nennen wir jene kunstwerke, die aufgrund ihrer ureigenen mittel und gesetzmässigkeiten – ohne äusserliche anlehnung an naturerscheinungen oder deren transformierung, also nicht durch abstraktion – entstanden sind. konkrete kunst ist in ihrer eigenart selbständig. sie ist der ausdruck des menschlichen geistes, für den menschlichen geist bestimmt, und sie sei von jener schärfe, eindeutigkeit und vollkommenheit, wie dies von werken des menschlichen geistes erwartet werden muss.“

        Max Bills Kompositionen zeichnen sich vor allem durch strenge, mathematisch durchdachte Kompositionen aus. Sie sind beeinflusst von der niederländischen De-Stijl-Gruppe, die sich ab 1917 um Piet Modrian formiert hatte und sich auf die Darstellung orthogonaler Kompositionen konzentrierte, basierend auf den drei Grundfarben sowie Schwarz und Weiß. In Max Bills Malerei und Grafik werden Farben mit gleichem Flächeninhalt in geometrischen Formen wie Raute oder Dreieck auf der Bildfläche verteilt. Auch wird das Quadrat, das sich durch Eindeutigkeit und Objektivität auszeichnet, seit 1946 zum wesentlichen Strukturmerkmal seiner Kunst. Zahlreiche Leinwände, die „spitzen Bilder“, werden in der Tradition Piet Mondrians über Eck gestellt. Auch in den Theorien Paul Klees, seines Lehrers am Bauhaus, taucht das auf der Spitze stehende Quadrat auf.

        Theoretisch äußerte sich Max Bill in einem Aufsatz mit dem Titel „Die mathematische Denkweise in der Kunst unserer Zeit“ von 1949 zu der Haltung, Mathematik sei eine unkünstlerische Angelegenheit des Denkens und für die Kunst sei allein das Gefühl maßgeblich:

        „weder die eine noch die andere auffassung stimmt, denn kunst braucht gefühl und denken. […] es ist nötig, immer wieder zu betonen, dass eines der wesentlichen merkmale des menschen das denken ist. das denken ermöglicht es auch, gefühlswerte in einer weise zu ordnen, dass daraus kunstwerke entstehen.“

        Neben seiner künstlerischen Tätigkeit war Max Bill auch politisch aktiv. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde er vom schweizerischen Staatsschutz beobachtet, da er den in Deutschland verfolgten Journalisten Alfred Thomas bei sich versteckte. Einige politische Flüchtlinge aus dem faschistischen Italien und aus Deutschland kamen nach ihrer Flucht bei Bill in der Schweiz unter. Als Parteiloser war er in den 1960er Jahren erst Mitglied des Züricher Gemeinderates und schließlich von 1967 bis 1971 Mitglied des Schweizer Nationalrates. Zahlreiche Ehrungen, Mitgliedschaften und Preise folgten. So erhielt er 1982 den „Kaiserring der Stadt Goslar“ und 1992 den renommierten japanischen Preis für Kunst und Kultur „Praemium imperiale“.

        Max Bill starb 1994 in Berlin.


        Anregungen zum Weiterlesen:

        • Buchsteiner, Thomas/Letze, Otto: max bill, maler, bildhauer, architekt, designer, Ostfildern-Ruit 2005.

        • Meister, Daniel P./Meister-Klaiber, Dagmar: einfach komplex – max bill und die architektur der hfg Ulm, Zürich 2018.

        • Thomas, Angela: Max Bill und seine Zeit, Zürich 2008 und 2012.

        • Bill, Max (1908–1994): ohne Anfang, ohne Ende: eine Retrospektive zum hundertsten Geburtstag des Künstlers, Designers, Architekten, Typografen und Theoretikers, Zürich 2018.

        • Bill, Jakob: Max Bill – Sicht der Dinge: Die gute Form. Eine Ausstellung 1949, Zürich 2015.


        Links:


        Filmtipps:

        Max Bill – Das absolute Augenmaß

        Max Bill – Das absolute Augenmaß (YouTube)

         

        Zum 20. Todestag von Max Bill: WDR ZeitZeichen
        Über Leben und Werk des „letzten Universalgenies des 20. Jahrhunderts", mit O-Tönen Max Bills.

        Radio-Beitrag WDR (YouTube)

        Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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