Victor Vasarely (1906–1997)

Vertreter der Op Art (Optischen Kunst)

Victor Vasarely ist neben Bridget Riley (geb. 1931) der bekannteste Vertreter der Op Art (Optische Kunst). Ausgehend von den Farbexperimenten des Bauhauses entwickelte er abstrakte Werke, die optische Illusionen hervorrufen. Durch grafische Reproduktionen gelangten seine Arbeiten zu großer Popularität. Mit seiner Kunst hatte er Einfluss auf das Design der 1960er und 1970er Jahre. In dieser Zeit trug er wesentlich zu den Überlegungen einer „Demokratisierung der Kunst“ bei.

    Victor Vasarely wurde im ungarischen Pécs unter dem Namen Vásárhelyi Gyözö geboren. Nach Abbruch eines Medizinstudiums begann er 1927 eine Ausbildung an der privaten Akademie Podolini-Volkman in Budapest, wo er in akademischem Zeichnen unterrichtet wurde. Dort entstanden erste Werbegrafiken. Von größerem Einfluss auf seine künstlerische Laufbahn war aber der Besuch des „Mühely“, des Budapester Bauhauses ab 1929. Sándor (Alexander) Bortnyk (1893–1976) hatte es – angeregt durch das Weimarer Bauhaus – ein Jahr zuvor gegründet und bot dort eine Ausbildung in den Bereichen Angewandte Grafik und Typografische Gestaltung an. Vasarely konnte sich hier mit dem russischen Konstruktivismus, etwa mit dem Werk Kasimir Malewitschs (1878–1935), auseinandersetzen. Dabei entstanden erste geometrische Abstraktionen auf der Grundlage des Quadrates.

     

    Dort lernte Vasarely auch seine Kommilitonin Claire Spinner (1908–1990) kennen, die er 1930 heiratete. Das Paar siedelte nach Paris über. 1931 wurde der erste Sohn André geboren, 1934 der zweite Sohn Jean-Pierre. Letzterer wird später unter dem Namen „Yvaral“ selbst Künstler und war Mitbegründer der Gruppe GRAV (Groupe de Recherche d’Art Visuel). In Paris arbeitete Victor Vasarely erfolgreich als Werbegrafiker in verschiedenen Agenturen. Er beschäftigte sich mit Fragen über Verschmelzung von Grund und Gestalt. Eindrückliches Beispiel hierfür ist die bekannte Grafik „Zèbres“ (Zebras), die schon seine Arbeiten der kommenden Jahre vorausahnen lässt. Ab 1935 setzte er sich intensiv mit Malerei auseinander. In Werken von Paul Klee (1879–1940), Josef Albers (1888–1976) oder Sophie Täuber-Arp (1889–1943) fand er Anregungen für seine eigenen grafischen Werke wie „Harlekin“, in denen er erstmals durch räumliche Modellierung eine Illusion von Bewegung auf der Bildfläche erzeugte. An grafischen Formen wie Liniennetzen, Verzerrungen von Schachbrettmustern, axonometrischen Würfeln ohne perspektivische Deformation erforschte er systematisch optische Effekte. Diese Experimente bilden das Basisrepertoire seiner Bildsprache.

    1940 lernte Vasarely Denise Renée kennen, die 1944 in Paris eine Galerie gründete. Alle wichtigen Ausstellungen seines Werkes fanden in ihrer Galerie statt, die vor allem 1955 durch die wegweisende Schau „Le Mouvement“ internationale Bekanntheit erlangte. Dort zeigten neben Vasarely, der durch diese Ausstellung internationale Beachtung fand, auch Pol Bury (1922–2005), Alexander Calder (1898?1976), Marcel Duchamp (1887–1968) und Jean Tinguely (1925–1991) ihre Werke. Zuvor schon hatte sich Vasarely mit Perspektiven ohne Fluchtpunkt beschäftigt, seine Werkphasen und Bilder nach Orten, Sternbildern und Himmelskörpern benannt und unter dem Eindruck von Natur- und Architekturerfahrungen axonometrische Bildkonzepte entwickelt. Im „Gelben Manifest“ formulierte er sein Prinzip der „Unités plastiques“, der Plastischen Einheiten. Diese Kombinationen aus Quadrat und darin eingesetzten weiteren Formen wie Kreis oder Oval erzeugen in serieller Anordnung besonders räumliche und kinetische Effekte.

    „Die Musik hat ihre eigene Elementarlehre […]. Man muss endlich auch die bildende Kunst mit einem spezifischen Alphabet ausstatten.“

      Bis in die 1960er Jahre entstanden ausschließlich schwarz-weiße Kompositionen. Victor Vasarely hatte zwischenzeitlich internationale Preise erhalten und an renommierten Ausstellungen wie der documenta 1955 (wie auch später an der documenta 1964 und 1968) oder der Eröffnungsausstellung des neu gebauten Guggenheim-Museums in New York 1959 teilgenommen. Nach und nach ging er zu standardisierten Bildkompositionen über und überließ die Ausführung seiner Arbeiten Assistenten. Ihm lag sehr an einer „Demokratisierung der Kunst“. Er verbreitete sein Werk nicht mehr in teuren Originalen, sondern in preiswerten, im Siebdruck erzeugten Blättern in hohen Auflagen. Damit löste er eine Diskussion über Original und Wiederholung aus. Auch schuf er ab den 1970er Jahren vor allem „Architektonische Interventionen“, Glasfenster, Metallskulpturen oder Emailwände mit denen er das Ziel verfolgte, die Umwelt durch Kunst zu verschönern.

      In den folgenden Jahren widmete sich Vasarely der Realisierung der Vasarely-Museen. 1970 eröffnet das didaktische Vasarely-Museum in Gordes. 1976 entsteht mit der Fondation Vasarely in Aix-en-Provence seine architektonische Vision einer Farbstadt (Cité polychrome) zur Überführung der bildenden Kunst ins alltägliche Leben. Im selben Jahr wurde auch das Vasarely-Museum in seinem Geburtshaus in Pécs eröffnet.

      Victor Vasarely starb am 14. März 1997 im Alter von 91 Jahren in Annet sur Marne, östlich von Paris.

       


      Anregungen zum Weiterlesen:

      • Badura-Triska, Eva/Wörgötter (Hrsg.): Markus: Vertigo – Op Art und eine Geschichte des Schwindels von 1520–1970, Wien 2019.
      • Barrett, Cyril: Op Art, Köln 1971.
      • Engler, Martin (Hrsg.): Vasarely. Im Labyrinth der Moderne, Wien 2018.
      • Gauthier, Michel/Pierre, Arnauld: Vasarely. Le partage des formes, Paris 2019.
      • Gassen, Richard W. (Hrsg.): Vasarely. Erfinder der Op Art, Ostfildern-Ruit 1998.
      • Lauter, Marlene (Hrsg.): Victor Vasarely. Der Traum vom Raum, Köln 2017.

      Link:


      Filmtipp:

      Victor Vasarely. Im Labyrinth der Moderne (YouTube)

      Autorin: Jutta Fischer, Metzingen / Aufbereitung für das Netz: Internetredaktion der LpB

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